„Wir werden jeden Bürgersteig öffnen“: Gießen stehen fünf Jahre Baustellen bevor
In Gießen startet 2025 das „größte Infrastruktur-Projekt der letzten Jahrzehnte“. Die Telekom verlegt rund 1000 Kilometer Glasfaser – was zahlreiche Baustellen bedeutet.
Erschienen in der Gießener Allgemeine am 18.11.23 von Burkhard Möller
Gießen – In Gießen wird ab dem Jahr 2025 laut OB Frank-Tilo Becher »das größte Infrastruktur-Projekt der letzten Jahrzehnte« umgesetzt. In der letzten Ausbaustufe fürs schnelle Internet werden von der Telekom bis zum Jahr 2030 auf 300 Kilometer Länge Tiefbaustellen aufgemacht. Rund 1000 Kilometer Glasfaser werden in die Haushalte verlegt.
In den sozialen Medien wird seit Wochen über ein Bild gelacht. Es soll das »neue Gießener Stadtwappen« zeigen. Statt rotem Löwen ist dort ein Baustellenschild zu sehen. Der Witz hat sein Haltbarkeitsdatum aber noch nicht erreicht, denn ein Ende der Baustellentätigkeit auf Gießens Straßen ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Ab dem Jahr 2025 wird im wahrsten Sinne des Wortes noch eine Schippe draufgelegt. »Wir werden jeden Bürgersteig öffnen«, beschrieb Stefan Becker, Geschäftsführer der Breitband Gießen GmbH, am Montagabend im parlamentarischen Hauptausschuss, was auf die größte Stadt der Region bis 2030 zukommt.
1000 Kilometer Glasfaser, 300 Kilometer Glasfaser, 400 Netzverteiler: Gießen wird zur Großbaustelle
Drei Zahlen, die Fuat Dalar, Regionalleiter der Telekom, präsentierte, machen die Dimension deutlich. Im Zuge der vierten und letzten Ausbaustufe sollen 1000 Kilometer Glasfaserkabel in alle Haushalte gelegt werden, um in Zukunft über ein entsprechend leistungsfähiges Internet verfügen zu können. Die Telekom, die die Umsetzung als Partner der Breitband-Gesellschaft, der die Stadt Gießen angehört, umsetzt, rechnet mit 300 Kilometer Tiefbaustellen und der Installierung von 400 Netzverteilern. »Es ist das größte Infrastrukturprojekt der letzten Jahrzehnte in Gießen«, sagte Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher. Das Projekt, das bis zum Jahr 2030 abgeschlossen sein soll, sei nicht zuletzt »zentral für unsere Wirtschaft«.
Laut Breitband-Chef Becker gebe es in Gießen bereits eine »ganz gute Grundstruktur«, aber die Anforderungen an die Datenübertragung stiegen ständig. Die Umsetzung, an der städtischerseits das Vermessungsamt federführend beteiligt ist, werden sich nicht nur auf den Gehwegen, sondern auch den Straßen abspielen und damit den Verkehr tangieren. »Das ist kein einfaches Projekt. Da muss viel abgesprochen werden«, machte Telekom-Vertreter Dalar auf den hohen Koordinierungsaufwand aufmerksam.
Baustellen wegen Glasfaser in Gießen: Stadt in sechs »Cluster« aufgeteilt
Um die Glasfaserkabel nach und nach verlegen zu können, ist Gießen in sechs »Cluster« aufgeteilt worden. Die Reihenfolge, wann wo gearbeitet wird, ist noch nicht festgelegt worden. Der Verlegung, die die Telekom »eigenwirtschaftlich« durchführt, muss jeder Hauseigentümer zustimmen. Man unterbreite den Haushalten ein Angebot, erläuterte Becker: »Die Bürger müssen aktiv werden.«
Für die Stadt sagte OB Becher zu, dass »maximale Synergieeffekte« genutzt werden sollen. Soll heißen: Wo in nächster Zeit aus anderen Gründen Straßen aufgebuddelt werden, um andere Versorgungsleitungen zu verlegen und die Straßen zu sanieren, sollen Leerrohre für Glasfaserkabel verlegt werden.
Erinnerung an Fernwärmeprobleme in Gießen
Bei der Fernwärme hat das zuletzt nicht geklappt. So regte sich vor dem Hintergrund der Energiekrise in der Ludwigstraße im vergangenen Jahr Unmut, weil beim Umbau keine Leitungen für Fernwärme verlegt werden. Grund laut Stadt und Stadtwerke: Bei einer bereits länger zurückliegenden Umfrage unter den Anliegern hatten zu wenige Interesse gezeigt.
Apropos Fernwärme: Auch hier kommen im Zuge der Umsetzung einer kommunalen Wärmeplanung weitere - und große - Baustellen auf Anwohner und Geschäfte zu. Unter Genehmigungsvorbehalt sind im kommenden Jahr und 2025 weitere Projekte geplant, darunter eine große Leitungsverlegung im oberen Seltersweg. (mö)
Die Vorbereitungen für das Mega-Projekt haben bereits begonnen. Zwischen Gießen und Kleinlinden wurde so zuletzt drei Kilometer Glasfaser verlegt.